Neu in der Sammlung
Relikte aus dem ehemaligen Heidelberger Schlosshotel
Das Heidelberger Schlosshotel ist legendär. Illustre Gäste der Stadt – darunter auch Mark Twain – gaben sich dort die Klinke in die Hand. Besonders seine Lage über dem Schloss mit Blick auf die Stadt machte das Haus attraktiv. Der Hotelbetrieb konnte bis 1964 aufrechterhalten werden, anschließend wurde das Gebäude anders genutzt und schließlich aufgegeben. Der Abriss erfolgte 2009.
Artefakte, die die Geschichte des Hotels, illustrieren könnten, besaß das Museum bisher nicht. Im Oktober kamen Relikte aus einem Schutthaufen, der vor dem Abriss des Gebäudes aufgetürmt worden war, in die Sammlung: Fragmentierte Porzellanteller, Weinflaschen, Fliesen, Vorratsgefäße und Flakons dokumentieren als Überbleibsel den einstigen Glanz des Hotels. Eine Heidelbergerin, die sich lange mit dem Hotel beschäftigt hat, schenkte dem Museum diesen Schatz.
Kunsthandwerkliche Preziosen aus privater Sammlung
Die jüngste Schenkung aus einem Nachlass aus Kaiserslautern könnte nicht besser in die kunsthandwerkliche Sammlung des Kurpfälzischen Museum passen.
Schöne Hanauer und Delfter Fayencen, Jugendstil- und Art Deko Gefäße, Gläser, Silber sowie Stickereien aus der Biedermeierzeit bereichern nun den großen Bestand des Kunsthandwerks. Dieser wurde bereits vom Sammlungsbegründer Charles de Graimberg hochgeschätzt und zusammengetragen. Gezeigt werden solch kostbare Gegenstände der Gebrauchskunst in den Ausstellungsräumen des Palais Morass.
Gewichtiges StringART-Bild von Ursula Stirnimann
Textilkunst kommt vermeintlich leichtfüssig daher, doch weit gefehlt: Sowohl gewichtsmäßig als auch inhaltlich hat es das StringART-Objekt "Balanceakt" von Ursula Stirnimann aus dem Jahre 1991 in sich: Das einige Kilogramm schwere Bild zeigt eine brennende Weltkugel, die auf einem Zeigefinger balanciert. Ist es der des Schöpfers oder symbolisch derjenige der gesamten Menschheit? Sich verändernde Lichtreflexe, die das auf eine Holzplatte mit großem handwerklichen Können aufgeklebte Seidengarn hervorruft, lassen Hoffnungsschimmer entstehen, dass die drohende Apokalypse noch abwendbar ist.
Fadenkunstbilder finden sich als Miniaturen aus Seidengarn in Ostasien oder als grobe großformatige Bilder aus Baumwollfäden bei den Huichol-Indianern in Mexico. Den Begriff StringART prägte jedoch Anfang der 1990er Jahre die Schweizer Künstlerin Ursula Stirnimann, die das Werk "Der Balanceakt" jüngst der Textilsammlung Max Berk schenkte.
Lotte Reimers, Keramik aus sechs Jahrzehnten
Die Keramikerin Lotte Reimers (*1932 Hamburg) lebt seit Jahrzehnten in Deidesheim an der Weinstraße. Dort arbeitet sie stetig an ihren Keramiken und hütet ihr „tönernes Archiv“, wie die Künstlerin ihre Werksammlung nennt. Daraus hat sie dem Kurpfälzischen Museum Heidelberg fünfzehn Keramiken aus ihren verschiedenen Schaffensphasen überlassen. So besitzt das Museum nun ein Konvolut von frei aufgebauten Unikaten aus unterschiedlichen Tonen und charakteristischen, von der Künstlerin selbst entwickelten Glasuren, die mit den Gefäßformen eine untrennbare Einheit bilden.
Gobelin "Gefäße" (Marianne Rühl / Mannheimer Webschule, 1950er Jahre)
Anfang Juni stiftete eine Bürgerin aus Heidelberg-Ziegelhausen der zum Kurpfälzischen Museum gehörenden Textilsammlung Max Berk eine Tapisserie mit der Darstellung zeittypischer Gefäße der 1950er Jahre. Angefertigt wurde die Schlitzwirkerei (auch Gobelin genannt) in der 1937 gegründeten Mannheimer Webschule, die in den Jahren des Zweiten Weltkriegs zeitweise in den Räumen der Kunsthalle Mannheim untergebracht war und wegen der Bombardierung in das damalige Kinderheim in Neckargemünd ausgelagert wurde. Sie existierte bis 1964. Die Weberin Marianne Rühl (1921 bis 2009) hatte in der Mannheimer Webschule ihre Ausbildung erfahren und wohl unter dem Eindruck der Stillleben des Italieners Giorgio Morandi und des Engländers Ben Nicholson die künstlerisch und qualitativ bemerkenswerte Tapisserie "Gefäße" angefertigt. Ob auch der Entwurf von ihr stammte oder evtl. von der Grafikerin und Weberin Elfriede Enderlin-Burgdorf, Leiterin der Mannheimer Webschule von 1937 bis 1941 und von 1947 bis 1964, ist nicht geklärt.
"Sonnenuntergang", Coucher de Soleil (Maurice Denis, 1913)
Ende des Jahres 2019 erhielt das Kurpfälzische Museum das Gemälde eines der bedeutendsten Symbolisten der Moderne als Schenkung: einen „Sonnenuntergang“ des französischen Malers Maurice Denis aus dem Jahre 1913.
Zwei junge Mädchen stehen in trauter Zweisamkeit am efeubewachsenen Geländer eines Balkons. Hinter ihnen liegt das Meer, von einem in spektakulären Gelb-, Orange- und Rosatönen leuchtenden Abendhimmel in gleißendes Licht getaucht. Das Motiv zeigt den Ausblick aus Denis’ Villa Silencio im bretonischen Perros-Guirec. Nachdem er die Villa 1908 erworben hatte, verbrachte Denis hier regelmäßig den Sommer mit seiner vielköpfigen Familie.
Die Bilder Denis’, der die französische Künstlergruppe „Nabis“ mitbegründete, dienten der Übermittlung von Empfindungen, Ideen und Gedanken. Dabei spielte die Auseinandersetzung mit Gott und der Religion eine zentrale Rolle im Werk des katholisch erzogenen, tiefgläubigen Künstlers. Die ins Übernatürliche gesteigerte Lichtwirkung auf dem Heidelberger Bild verweist auf den geistigen bzw. religiösen Gehalt der Szene. Es geht es um Besinnung als gemeinsames Erlebnis, um meditative Versenkung; zum einen durch den Blick nach innen – symbolisiert durch das Lesen –, zum anderen durch die Kontemplation der Natur und ihrer Schönheit. Dargestellt sind zwei verwandte Seelen im Einklang mit der Natur und damit im Einklang mit Gott.
Heidelbergs Neue Brücke (Ludwig Meidner, 1912)
Im Gegensatz zur beliebten Alten Brücke taucht die 1877 erbaute Neue Brücke (Theodor-Heuss-Brücke) selten als Kunstmotiv auf.
Der Freundeskreis des Kurpfälzischen Museums Heidelberg ermöglichte die Ersteigerung einer Zeichnung der Neuen Brücke von Ludwig Meidner (1884–1966).
Dieser zählt zu den bedeutendsten deutschen Expressionisten. Mit der geradezu apokalyptischen Darstellung der Neuen Brücke erweist er sich als Visionär einer neuen Zeit am Vorabend des Ersten Weltkriegs.